Brief von Hans Huldi, Niederteufen, vom 03.12.2014
Betreff : Export Zwei
Sehr geehrter Herr Lardi
Eine Cousine von mir, die im Kanton Bern wohnt, aber sehr viel Zeit in ihrem kleinen und einfachen Ferienhaus an der Berninastrasse im Puschlav verbringt hat mir vor Wochen das von Ihnen verfasste Buch „Export Zwei“ geschenkt. Die Lektüre hat mir wieder einmal deutlich und mit Wehmut aufgezeigt, wo meine wirklichen Wurzeln sind: im Puschlav, genauer gesagt oben in Viano. Ich bin Jahrgang 1940 und erinnere mich noch so genau als wäre es heute, wie mir meine in Viano geborene Mutter (Celestina Domenica Fede Zampatti, geb. 1916, gestorben leider schon 1958) ihre Schmuggler-Gutnachgeschichten erzählt hat, wie sie mit ihren Eltern, Geschwistern, Onkeln und Tanten mit Tabakrollen und Zigarettenpäckchen um Bauch und Beine im Mondlicht über die Grenze gehen mussten, während die Grossväter unten am Zoll mit den Beamten einen Jass klopften, damit die „da oben“ ihre Ruhe hatten. Bei diesen wunderschönen und - für einen kleinen Buben - so spannenden Geschichten spürte ich immer, wie sehr meine Mama Heimweh nach dem Puschlav hatte. Weil wir aber eine wirklich arme Bauernfamilie im Hinterthurgau waren, hatte sie auch nie mehr Gelegenheit, in ihre Heimat zu reisen. Ich höre sie heute noch sagen „Wenn Du einmal gross bist, musst Du mit mir ins Puschlav und nach Viano fahren“.
Dazu ist es leider nie gekommen, weil sie viel zu früh verstorben ist. Leider hatte ich später auch viel zu selten Gelegenheit, in ihr so geliebte Heimat zu reisen. Bei den wenigen Gelegenheiten, wo ich es doch geschafft habe, verspürte ich im wunderschönen Poschiavo, wo meine Mama zum ersten Mal gearbeitet hat und vor allem hoch oben in Viano eine nicht zu beschreibende seelische und fast schon körperlich spürbare Verbundenheit mit der Gegend. Und ich wünsche mir so sehr, die Reise bald wieder einmal unternehmen zu können. Ihr „Export Zwei“ hat sehr, sehr viel dazu beigetragen, dass ich noch viel mehr Heimweh bekommen habe. Alle, die meine Mama gekannt haben sagen mir immer wieder, dass ich unter allen meinen vielen Geschwistern DER Zampatti sei. Ich bin stolz darauf.
Ich danke Ihnen für dieses kleine, aber so wunderbare Werk und verbleibe mit herzlichen Grüssen und den besten Wünschen für die bevorstehende Weihnachtszeit
Hans Huldi