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Brief von Professor Walter Giger an Massimo Lardi

Lieber Massimo

Soeben habe ich Dein Werk "Baron de Bassus und die Illuminaten" fertig gelesen, auf deutsch, denn meine Italienischkenntnisse wären für dieses Werk wohl unzureichend. Dass ich das Buch in die Hände bekam, war Zufall. Ich lese mit Vorliebe historische Romane, anspruchsvolle, aber auch einfach unterhaltsame Schmöker. So habe ich von der Volksbibliothek den "Baron de Bassus" nach Hause genommen und erst dort festgestellt, dass Du der Autor bist. Das Buch hat mich von A-Z gefesselt, und ich habe das Leben des prominenten Puschlavers mit seinen Hochs und Tiefs gespannt verfolgt. Eigentlich lese ich wenig über die Epoche der französischen Revolution und Napoleons. Mit beiden habe ich gefühlsmässig Mühe, wie ja der Baron auch, er allerdings aus sehr nachvollziehbaren persönlichen Motiven. Interessant, wie sich in de Bassus bodenständiger Realismus und zeitgemässer Idealismus verbanden und, wie er, leider etwas spät genug (aber das geht uns Heutigen nicht anders), merkte, dass es auch in einer hochidealistischen Vereinigung letztlich sehr "menschelet". Ich habe die Akribie bewundert, mit der Du die Verhältnisse der Familie und des damaligen Poschiavo erforscht und geschildert hast. Man hat den Eindruck dabei zu sein, umso mehr, als das Puschlav, Poschiavo und seine Menschen für jemanden, der immerhin seit 47 Jahren im Kanton lebt, nicht ganz unbekannt sind. Es hat mich verwundert, dass der reiche und weltbewanderte Baron es für eine Ehre anschaute, in Poschiavo (das damals offenbar das ganze Puschlav inklusive Brusio umfasste) als Podestà gewählt zu werden und sich immer wieder, auch später als arrivierter bayrischer Adliger, zur Wahl zur Verfügung stellte. Heute reisst man sich kaum mehr um das Amt des Gemeindepräsidenten! Die Feste, die um diese Wahl entstanden, zeigen doch, dass man die Erhebung zum Podestà als grosse Ehre betrachtete, wie ja auch die früheren Amtsinhaber immer noch diesen Titel führten. Das muss ja in Poschiavo von Podestà gewimmelt haben.

Zum Nachdenken bringt einen auch der Lebenslauf und das Schicksal des Barons. Am Anfang hat man den Eindruck einer goldenen und gesicherten Zukunft, von stabilen Verhältnissen. Dann schlägt das Schicksal zu und die Lebensumstände des Barons und seiner Familie geraten ins Wanken. Teilweise hat er seine Schwierigkeiten selbst verschuldet, zum grossen Teil sind es die Zeitumstände, die alle Planung zunichte machen. Beeindruckend ist der Familienzusammenhalt und die Bemühungen des Barons, den Kindern die Familientraditionen und seine eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse weiterzugeben und dies offenbar mit Erfolg. Als der Baron stirbt, ist der alte Wohlstand noch bei weitem nicht wiederhergestellt (wie das ja für Europa insgesamt im Jahre 1815 auch galt), und trotzdem hat man den Eindruck, dass der Baron das Heft aus der Hand geben konnte, im Bewusstsein, die Zukunft der Familie einigermassen gesichert zu haben.

Ja, das sind so einige Gedanken, die mir durch den Kopf gingen. Dein Werk ist ja so vielschichtig und so sorgfältig recherchiert, dass man ihm in einer Mail sicher nicht gerecht werden kann. Woher kanntest Du so viele persönliche Einzelheiten? Ist der Briefwechsel des Barons mit seiner Familie und den Freunden weitgehend erhalten? Auf jeden Fall, ich gratuliere Dir ganz herzlich zu diesem Werk! Du weisst Deine Zeit zu nutzen!

Mit herzlichem Gruss

Walter (Giger)

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